Guten Abend meine Lieben,
durch eine neue Leserin der Gilde inspiriert, versank ich heute Morgen selbst, vor der Arbeit, in "Engelsmagie".
Wer das Buch noch nicht kennt, hat heute eine gute Gelegenheit, eine Kostprobe zu genießen und bei mir das Buch mit Widmung und Lesezeichen, ohne Portokosten, zu erwerben. Bei Amazon gibt es das Taschenbuch natürlich auch. Wer gerne E-books liest, findet das Buch in allen möglichen Buchläden.
Wer das Buch genauso spannend findet und mir eine Rezi. auf den gängigen Plattformen hinterlässt und mir das nachweist, darf mit einer magischen Überraschung rechnen.
In der Hölle
K A P I T E L 15
Augenblicklich gefror das Blut in seinen Adern. So
sehr er sich auch zusammenreißen wollte, zuckte er doch merklich zusammen, als
sich die Klaue des Teufels auf seine Schulter legte. Krallen, scharf wie
Rasierklingen bohrten sich in seine Schulter. Es brannte wahnsinnig. Michael
konzentrierte sich, keine Miene zu verziehen. Es wird nicht lange
andauern, sagte er sich wie ein Mantra vor. Er zweifelte nicht daran, dass
der Teufel ihn mit diesen Pranken in Stücke reißen könnte.
Es kam ihm wie Stunden vor, Luzifer verharrte in der
Haltung, und der Schmerz schoss von seiner Schulter aus in heißen Strömen durch
seinen ganzen Körper. Der Teufel genoss das perfide Spiel, das konnte man ihm nur
allzu deutlich ansehen.
Mit einem Mal spürte Michael eine ganz normale Hand,
die auf seiner Schulter ruhte. Er war sich sicher, blutüberströmt zu sein. Er
durfte keine Schwäche offenbaren. So zwang er sich weiter zur Ruhe und spürte
in die Umgebung hinein. Es war angenehm ohne Schmerzen, und dann nahm er etwas
wahr, das ihm vorher verborgen geblieben war: Hier ist keine
Feindseligkeit!
Er öffnete die Augen und sah direkt in das frech
grinsende Gesicht des Teufels. Bewegungslos stand dieser vor ihm.
Michael zerstrubbelte sein Haar und überlegte, was er
sagen sollte.
Ehe er die passenden Worte fand, wandte sich der
Teufel ruckartig von ihm fort und stellte sich direkt neben seinen imposanten
Thron. Beinahe zärtlich glitt seine Hand über die Knochen der Lehne. Immer noch sagte er kein Wort. Es herrschte absolute Stille.
Nun wagte es Michael, an sich hinabzusehen, aber da
war kein Blut, auch der Boden, den er gefühlt voll geblutet hatte, war sauber. Verrückt!,
dachte er und hätte sich gerne gesetzt, weil sich seine Beine wie zwei nasse
Säcke anfühlten. Er war sich nicht sicher, wie lange sie ihn noch tragen
konnten.
»Sagte ich nicht eben noch, du könntest dich nach unserem Gespräch mit Justine vergnügen?« Luzifer machte eine Pause, ging ein paar Schritte und blieb dann wieder vor Michael stehen.
Michael konnte fast
bildlich die Fragezeichen über dem Kopf des Teufels sehen. Er wirkte unsicher,
aber das war doch unmöglich, oder?, fragte er sich.
»Ja, das sagte ich, aber vielleicht werfe ich dich
trotzdem gleich schon ins Feuer. Es knistert so schön beim ersten Mal.« Der
Teufel stieß ein meckerndes Lachen aus. »Vielleicht aber auch erst, wenn meine
begehrenswerte Tochter deiner überdrüssig ist und sie einen neuen Toy Boy will,
wer weiß das schon?« Mit diesen Worten umkreiste er Michael, dabei befühlte er
seinen Rücken, seine Oberarme und sogar seine Brustmuskeln.
Bah, was soll das?, fragte sich
Michael. Macht er mich gerade an? Ich halte das nicht aus. Ganz ruhig,
sagte er sich. Er durfte sich nicht aus der Fassung bringen lassen. Denk an
etwas anderes. Und sofort musste er an das arme Wesen, das in seiner
Brusttasche war, denken. Er spürte nichts mehr, kein Vibrieren. Wahrscheinlich
lebte es nicht mehr und brauchte dem Druck der Finger des Teufels nichts
entgegenzusetzen. Michael war sich nun sicher, dass es die Tritte von
Schweinegesicht nicht überlebt hatte.
»Sie hat schon einen exzellenten Geschmack, mein Töchterlein.« Kaum hallte die Stimme des Fürsten der Unterwelt durch die Hölle, spürte Michael auch wieder die prüfenden Blicke und Berührungen des Teufels.
Reiß dich zusammen, Alter, mahnte er sich selbst.
»Mhm«, machte der Teufel und ließ sich auf seinem
Thron nieder. Sofort war wieder eines der echsenartigen Wesen zur Stelle und
legte sich auf seinen Schoß, um sich den schuppigen Leib kraulen zu lassen. Mit
dem Zeigefinger der freien Hand deutete Luzifer auf Michaels Hemdtasche. »Was
hast du da drin?«
Ein grenzenloser Schreck durchfuhr ihn. War es
verboten, dass verletzte Wesen einzusammeln und mitzunehmen? Er
schluckte hart, entnahm dann aber seiner Tasche das kleine Wesen und hielt es
dem Herrscher entgegen. Schlaff hingen die Glieder hinab. Das Vibrieren hatte
ganz aufgehört. Es ist tot!
Maßloses Erstaunen spiegelte sich auf dem Gesicht des
Höllenfürsten. »Wo hast du das her? Und warum tötest du meine Gargoyle?«
Er glaubt, ich habe das Wesen getötet? Es fühlte sich an, als wäre sein Magen
verknotet. Verdammt, meine Situation wird ja immer beschissener. Wird
er mir die Wahrheit glauben?
»Nun, ich höre«, knurrte ihn der Teufel an. Die runden
Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt. Hass sprühte ihm entgegen.
Tief atmete der junge Mann ein. Er nahm all seinen Mut
zusammen. Sein Blick glitt von dem Wesen in seiner Hand zu dem
Höllenfürsten. Was habe ich noch großartig zu verlieren? Ich werde in
dem Lavasee landen, so oder so?
»Ich habe Euer Geschöpf nicht getötet. Es war Euer
Wächter. Er hat das Gargoyle, wie Ihr es nennt, zertreten. Ich wollte es
retten.« Er senkte den Blick und betrachtete das leblose Gargoyle. Er kannte
diese Wesen nicht und hatte auch noch nie etwas von ihnen gehört. Trotzdem tat
ihm dieses Exemplar leid.
»Komm näher!«, donnerte Luzifer.
Ich habe keine Wahl! Los Junge, bring es schnell zu
Ende!, befahl ihm seine innere Stimme.
Wie in Trance trat Michael vor Satans Thron. Sein Herz
jagte in seiner Brust, und er hörte sein Blut durch die Venen rauschen.
Hocherhobenen Hauptes stand er vor dem Herrscher allen Übels, aber innerlich
schrie alles in ihm nach Flucht.
Der Teufel streckte ihm seine beringte Hand entgegen.
»Halt es daran«, forderte er ihn in unmissverständlichem Tonfall auf.
Michael kam dieser Aufforderung nach. Was seine Augen
dann zu sehen bekamen, übertraf alles, was er bisher erlebt hatte. Eine der
goldenen Schlangen vom Teufelsring löste sich, dann tat die zweite es ihr
gleich. Michael blinzelte, starrte auf die zwei Nattern, die zischelnd zu ihm
hinüberglitten. Nein, ich bilde mir das nicht ein. Er
verharrte starr, als sich die goldenen Tiere pfeilschnell über seinen Arm
Richtung Gargoyle bewegten. Am liebsten hätte er es fallengelassen, das würde
aber mit Sicherheit den Zorn des Herrschers wecken. Also hielt er still,
beobachtete gebannt wie auch angeekelt das Gebaren der Tiere, wie sie sich um
den leblosen Körper wanden. Hoffentlich lassen sie meine Hand in Ruhe. Sie
waren ihm ganz und gar suspekt.
Da war es auf einmal, ein deutliches Signal in seiner
Hand. Die Abneigung gegen die Schlangen war vergessen. Das Vibrieren ging
eindeutig von dem Gargoyle aus. Die Schlangen zogen sich wieder zurück und
suchten ihren ursprünglichen Platz auf.
»Es lebt.« Mehr brachte Michael nicht über die Lippen.
Der Herrscher nickte zufrieden. »Du siehst, wozu ich
in der Lage bin. Ich vermag Leben zu nehmen, aber ich kann auch Leben geben.
Ich bin allmächtig und herrsche über alle lebenden Kreaturen. Und nun zeige ich
dir noch etwas viel Besseres. Folge mir!« Er erhob sich und steuerte die Tür
an, durch die sie in den Thronsaal gelangt waren.
Michael ließ das Wesen wieder in seiner Hemdtasche
verschwinden und folgte dem Teufel.
Wie von Geisterhand öffnete sich die Tür und sie kamen
in die Höhle, von der man den Lavasee aus gut sehen konnte, der sogar ein Teil
dieser Höhle zu sein schien. Das Pulsieren des Gargoyles wurde immer kräftiger.
Er hatte es tatsächlich überlebt.
Schweinegesicht verneigte sich tief, als Luzifer auf
ihn zutrat. In seiner Zweifingerklaue hielt er die Kette, an der die zwei
Höllenhunde lauerten, die Justine so liebevoll als Bella und Edward vorgestellt
hatte. Michael schüttelte darüber innerlich den Kopf. Diese Viecher konnte ihm
niemand schönreden. Für ihn blieben sie gefährliche Killermaschinen. Vor allen
Dingen ihre ätzenden Körperflüssigkeiten hinterließen schmerzhafte Schäden und
Versteinerungen, wie man an Freyjas Hand deutlich sehen konnte. Freyja! Alleine
der Gedanke an ihren Namen wehte wie ein sanfter Hauch durch ihn hindurch.
Gerne hätte er ihn festgehalten, sich näher mit den Erinnerungen befasst. Aber
hier war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit dafür. So konzentrierte
er sich ganz auf das Hier und Jetzt.
Der Teufel wartete, bis der Dämon sich wieder erhob,
nachdem dieser ihm die Füße abgeküsst hatte. Widerlich, dachte
Michael. Warum schleimen die bloß alle so um ihn herum? Eine
leise Stimme in seinem Inneren wiederholte die Worte, die der Teufel ihm zuvor
gesagt hatte: »Er ist der Herr über Leben und Tod aller Kreaturen.« Aber
ist das nicht Gott?, fragte Michael sich selbst und war heilfroh, dass er
diese Gedanken nicht laut ausgesprochen hatte.
»Sag, Lakai, wie gefällt dir der Job als
Höllenwächter?«
»Sehr gut, gigantischer Fürst der Dunkelheit und des
Lichts. Ich kann mir keinen Besseren vorstellen. Ich danke Euch für Euer
Vertrauen und …«
Der Teufel machte eine genervte Handbewegung, die der
Dämon sofort verstand, denn er schwieg augenblicklich.
»Du weißt doch, wie wichtig mir meine Gargoyles sind,
oder? Du beschützt doch jeden Einzigen von ihnen und würdest dein erbärmliches
Leben für sie geben, oder?«
Ein Zucken fuhr über das Gesicht des Dämons. Seine
Augen flackerten, und sein Blick fiel automatisch auf dem Boden, an dem der
blaue Fleck deutlich für alle Augen sichtbar war. Nervös rutschte er näher an
das verräterische Mal heran und stellte einen Fuß darauf ab. So versuchte er es
zu verbergen. Kurz grunzte er mit seiner Schweinsnase, dann besann er sich und
bejahte die Antwort: »Aber ja, mein Fürst. Mein Leben würde ich für jeden
einzelnen Eurer heißgeliebten Gargoyles geben.«
»Mhm.« Es war lediglich ein tiefes Knurren, das der
Teufel ausgestoßen hatte. Seine Miene war ein Pokerface. Dann glitt sein Blick
zu Michael, während er ungehindert zu dem Dämon weitersprach: »Dein wertvolles
Leben. So, so.« Er ließ sich Zeit.
Mit jeder Faser seines Körpers spürte Michael die
Anspannung und Panik von Schweinegesicht. Zitter nur, dachte er und spürte, wie der Hass ihn beinahe zu überschwappen drohte.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit säuselte der Teufel
dann folgende Worte, die Schweinegesicht zutiefst schockierten: »Dann musst du
wohl mit deinem armseligen Leben bezahlen, du elender Lügner. Zeig ihm den
Gargoyle!«, forderte er Michael auf.
Dieser fischte vorsichtig das Wesen aus seiner
Hemdtasche und hielt es Schweinegesicht entgegen.
Die rosafarbene Gesichtsfarbe wurde für einen
Augenblick noch heller, als er das Gargoyle erkannte, das er zuvor mit Wonne
zertreten hatte. Michael beobachtete, wie Schweinegesichts Blick zu dem Punkt
am Boden fiel, auf den er kurz zuvor seinen Fuß gestellt hatte. Der dunkelblaue
Fleck, der sich dort befand, zeugte unwiderruflich von dem Mord.
Nun ging eine Regung durch ihn hindurch, seine Augen
zuckten, und Michael dachte sich, dass sein Gehirn nun verstanden hatte, dass
die Leiche des Gargoyles spurlos verschwunden war. Schweinegesicht grunzte und
schluckte hart, dann ging er mit den folgenden Worten in die Offensive: »Er
war‘s«, schrie er hektisch und zeigte mit seiner Klaue auf Michael. Das
erzeugte eine sofortige Reaktion der Höllenhunde, denn sie fixierten ihn
ebenfalls, fletschten ihre gefährlichen Hauer und knurrten. Noch hielt Schweinegesicht
sie an der Leine, aber was war, wenn der Teufel seinem Torwächter diese Lüge
abnahm und ihn statt seiner bestrafte?
»Er?« Süffisant lächelnd guckte der Teufel vom Dämon
wieder zu Michael. »Wann soll er es getan haben?«
Schweinegesicht wandte sich wie ein Aal. »Er hat es
getötet, als ich mit Eurer teuflischen Tochter sprach, Eure Durchlaucht.
Hinterhältig erschlagen hat er es. Jawohl.«
»Du lügst wie gedruckt«, knurrte Michael und spürte
die Wut immer weiter hochkochen. »Du hast das hilflose Gargoyle mit voller
Absicht zertreten als wir kamen.«
Schweinegesicht wich einen Schritt zurück. »Warum
sollte ich so eine Schändlichkeit tun? Ich weiß doch, wie wichtig unserem Herrn
seine Gargoyles sind. Du hast es getötet. Ich habe es genau gesehen. Und ich
habe sogar sehr verlässliche Zeugen. Soll ich euch helfen, ihn in den Lavasee
zu werfen?« Die bösartige Klaue prangerte Michael unerbittlich an.
Das ist mein sicheres Ende!, dachte er. Der Teufel wird mir nie und
nimmer glauben.
Alles Liebe
Eure Tali 🌹
Bilder von Michaela Thede, Pixabay und mir. Danke 🙏